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KLEINE KAMMER WIRD ZUR DUNKELKAMMER

Seit 1848 gab es im Parlament nie geheime Abstimmungen. Die grosse Kammer bemüht sich mindestens noch um eine Teiltransparenz, die kleine Kammer aber will im Dunkeln entscheiden.

Es ist unglaublich! In einer Zeit, wo dank Hightech alles möglich ist, in einer Zeit, wo die grössten und folgeschwersten Entscheide seit dem Zweiten Weltkrieg in kürzester Zeit gefällt worden sind, soll es unmöglich sein, transparente Abstimmungen in der EXPO-Halle Bern durchzuführen. Der Ständeratspräsident Hans Stöckli argumentiert, die Stimmabgabe auf einem Monitor anzuzeigen, sei zu aufwendig. Er will nicht einmal die Namenslisten nachträglich herausgeben, wie der Nationalrat es wenigstens macht. Er und die meisten Räte verhindern mit Absicht, dass ihr Abstimmungsverhalten nachverfolgt werden kann. Über den Vorstoss von Ständerat Minder, der verlangt, dass über alle Abstimmungen informiert wird, wie die einzelnen Kantonsvertreter abgestimmt haben, will man noch nicht befinden. Der Präsident möchte nicht, dass eine solche Entscheidung im Eiltempo gefällt werden muss.

Diese Intransparenz ist absichtlich, gewollt und sie soll erhalten bleiben. Unser Werner Salzmann, neu im Ständerat, der sich seinen Wählerinnen und Wählern verpflichtet weiss, hat zu Beginn dieser ausserordentlichen Session den Antrag gestellt, sämtliche Namenslisten zu den Abstimmungen am nächsten Tag zu veröffentlichen, wie es der Nationalrat auch macht. War es, weil diese, nichts anderes als logische, ja gar selbstverständliche Forderung von einem SVP Vertreter kam, oder weil die Mehrheit des Ständerates diese Intransparenz unbedingt will, dass der Antrag mit 25 gegen 20 Stimmen abgelehnt wurde? Beides spielte wohl mit. Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch, SP, heuchelte zwar Transparenz, stemmte sich aber gegen die Argumentation von Werner mit den Worten: „Jetzt geht es nur noch um die Frage: Wie? Der Einzelantrag Salzmann sieht die Publikation der Namensliste vor. Nun, das haben wir in diesem Rat vor nicht allzu langer Zeit schon diskutiert. Wir haben gesagt, wir wollen das nicht. Warum? Wir müssen diese Debatte jetzt hier nicht wiederholen, sondern einfach einmal feststellen, dass dieser Rat sich über diese Form ausgesprochen und gesagt hat, er möchte sie eigentlich nicht.“

Ja, vor nicht allzu langer Zeit haben sie darüber diskutiert. Wer waren diese „WIR“? Die Mehrheit des heutigen Ständerates, nämlich die alten, wiedergewählten Räte. Sie waren es, nicht die Neuen. Wann war dies genau? Vor nicht allzu langer Zeit? 2012 wurde bekannt, dass beim Auszählen bei den Abstimmungen per Hand gravierende Fehler begangen worden sind. Erinnern wir uns noch an „Stöckligate“? 2014 wurde dann die Abstimmungsanlage mit Anzeigetafel in Betrieb genommen. Eine volle Transparenz wollte der Ständerat aber nie. Die letztmalige, diesbezügliche Forderung wurde 2017 abgelehnt mit 27 zu 17 Stimmen. 2012 bis 2020? Das ist der Zeitbegriff „vor nicht allzu langer Zeit“ für den „Oldie“-Strafrechtsprofessor Jositsch. Mit der Zeit zu gehen und sich dieser anzupassen, ist nicht sein Ding. Er führt die Garde jener an, die nicht wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger erfahren, wie ihr Abstimmungsverhalten ist. Reden schwingen, grosse Töne von sich geben, ist das eine, dazu stehen und so handeln, das andere. Vermutlich finden diese aber, sie seien echte „Stehenderäte“ und darum genüge es, für Abstimmungen aufzustehen. Fehlt noch dass sie dazu singen: „und wer im Ständerat verborgen bleibt, steh auf, steh auf, steh auf. Der nehm sein Listchen in die Hand und schreib nicht drauf, nicht drauf!“

Mir scheint es zurzeit im Ständerat so zu und her zugehen wie beim Jassen. Man macht mit, ist gerne dabei, klopft Sprüche, schiebt die Verantwortung hinüber, versucht die Gegenpartei zu bluffen, lässt sich nicht in die Karten schauen, und es gelten immer noch die alten Regeln: Stöckli, Witzli, Stichli!

Wir danken Werner für seine Gradlinigkeit, sein Streben nach Transparenz, sein Halten der Versprechen vor den Wahlen, seine Courage und seinen Einsatz für seine Aufgaben insbesondere in den Kommissionen. Er hält nicht nur grossartige Reden, er hält auch Wort. So kommt er seinem Versprechen und Verpflichtung nach, indem er sein Abstimmungsverhalten nach jeder Abstimmung allen Wählerinnen und Wählern, allen Bürgerinnen und Bürgern bekannt geben will. Jeder und Jede kann ihn per Mail fragen, wo er in der Sondersession wie abgestimmt hat. Es geht jetzt um x Milliarden, um weitgehende Bestimmungen und weittragende Entscheide. Ja, der Ständerat braucht jetzt einen Mann, der die selbstgekochten Süppchen der „Altverdienten“ versalzen kann, wenn es nötig wird. Es braucht einen Salzmann.
Paul Hunziker, Seftigen im Mai 2020

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